Die Digitalisierung macht auch vor B2B-Betrieben keinen Halt. Doch so stark wie im B2C-Bereich ist der Druck zur digitalen Transformation in den meisten Branchen noch nicht. Entsprechend zögerlich gehen einige Unternehmen ihre Digitalisierungsvorhaben an. Es gibt jedoch auch zahlreiche B2B-Unternehmen, die auf ihrem Weg in den digitalen Vertrieb immer wieder auf die gleichen Herausforderungen gestossen sind. Anbei die 10 größten Hürden bei der digitalen B2B-Transformation.
1. Haltung: Digitalisierung belastet nicht. Digitalisierung ist eine Chance auf Wettbewerbsvorteile
Wie sagte einst der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Telefónica Deutschland, Thorsten Dirks: „Wenn Sie einen scheiß Prozess digitalisieren, haben Sie einen scheiß digitalen Prozess“. Bei der Digitalisierung geht es vor allem um Prozesseffizienz. Wer im eigenen Betrieb die Skepsis abbauen und Chancen statt Hindernissen sehen will, sollte das Kollegium befragen: Wo laufen Prozesse und Übergaben ineffizient und welche Vorschläge gibt es, um die Abläufe digital unterstützt zu verbessern. Immerhin ist Prozessoptimierung doch eine der großen Stärken der deutschen Industrie und des Mittelstandes.
2. Verständnis: Digitalisierung ist mehr als der Versand von Rechnungen per E-Mail
Wer in der Lage ist, E-Mails als PDF per E-Mail zu versenden, ist noch lange kein digitalisiertes Unternehmen. Unternehmen verschenken die wahren Potenziale der Digitalisierung, wenn Rechnungen im Hintergrund weiterhin händisch erstellt werden, nicht im Kunden-Login der Unternehmensplattform zur Ansicht und zum wiederholten Download zur Verfügung stehen und Kundendaten nicht aus dem CRM heraus auf Aktualität geprüft werden.
3. Unternehmensorganisation: Abteilungs- oder Silodenken ist nicht mehr zeitgemäß
In vielen B2B-Unternehmen arbeiten Außendienst, Innendienst und Marketing noch strikt getrennt. Doch gerade der B2B-Großhandel muss neue Wege finden, um sich vom Wettbewerb zu differenzieren, denn die angebotenen Produkte werden immer vergleichbarer. Umso wichtiger ist es, den Kunden über alle Kanäle und Touchpoints hinweg ein Einkaufserlebnis aus einer Hand zu bieten. Die internen Silos dürfen nach außen nicht sichtbar werden. Das heißt zum Beispiel: Der Innendienst-Mitarbeiter sollte wissen, was der Außendienst dem Kunden versprochen hat, ohne den Kunden selbst zu fragen.
4. Datenmanagement: Fehlende oder falsche Daten sind ein Haupthindernis der Digitalisierung
Maßgeblich für den Einkauf sind häufig die Vorgaben aus der Entwicklungsabteilung: Bietet ein technischer Großhändler für den Maschinenbau in seinem Webshop keine CAD-Daten für Bauteile an, ein Wettbewerber aber schon, wird ein Ingenieur dem Einkauf eher den Wettbewerber empfehlen, als das Bauteil aufwändig nachzuzeichnen.
5. Dokumentation: Fehlende oder nicht digitalisierte Unterlagen
B2B-Unternehmen sollten in der Lage sein, alle technisch detaillierten Kundenanfragen ad hoc zu beantworten, ohne die gesamte Vertriebsmaschinerie anlaufen zu lassen, um diese Informationen zu recherchieren. Das geht nur, wenn alle Produktdokumentationen (z.B. Konstruktionszeichnungen, Sicherheitsdatenblätter etc.) digital verfügbar sind. Wenn diese Daten auch online zur Verfügung stehen, ist der Kunde im Idealfall sogar in der Lage, sich bei dringenden Fragen selbst zu helfen.
6. Investitionsvorhaben: Unternehmen investieren lieber in Hardware als in Prozesse
Der Mehrwert eines neuen Firmenkomplexes oder einer neuen Fräsmaschine ist unmittelbar erkennbar. Der Mehrwert einer Software oder einer Plattform, die den Vertriebsprozess oder gar den gesamten Wertschöpfungsprozess unterstützen und verbessern kann, ist dies nicht. Dementsprechend werden solche Investitionen oft nur als unliebsame Kosten wahrgenommen. In Wirklichkeit handelt es sich aber um Investitionen in die Zukunft.
7. Featuritis: Ungefilterter Vergleich mit der Konkurrenz
Bringt die Konkurrenz neue Features auf den Markt, bricht im eigenen Unternehmen nicht selten hektische Betriebsamkeit und ein “Müssen-wir-auch”-Gefühl aus. Die Frage, wie relevant das genannte Feature ist oder ob die Kunden das Tool überhaupt nutzen werden, wird dabei oft nicht gestellt. Aktivitäten, die auf Basis einer solchen Informationslage eher unreflektiert auf den Weg gebracht werden, sind in der Folge nicht selten zum Scheitern verurteilt.
8. Mehrwert: Auch Weltmarktführer müssen sich immer wieder neu erfinden
Es gibt kaum ein mittelständisches Unternehmen, das sich nicht selbst als Weltmarktführer oder zumindest als eines der “TOP-Unternehmen auf dem Weltmarkt” bezeichnet. Doch welchen Mehrwert bietet die Marktführerschaft für den Kunden? Ist (Umsatz-)Größe ein Zukunftsgarant oder eher guter Service und hohe Qualität? Ein Unternehmen bleibt für seine Kunden nur dann relevant, wenn Service und Preis-Leistungs-Verhältnis stimmen. Und der Service verlagert sich – vor allem bei jüngeren Zielgruppen – zunehmend in den digitalen Bereich.
9. Offenheit: Ignoranz gegenüber Disruptoren kann tödlich sein
Als etablierter Anbieter läuft man Gefahr, innovative Newcomer im Markt so lange zu ignorieren oder nicht ernst zu nehmen, bis diese so groß geworden sind, dass es dem eigenen Geschäft richtig weh tut. Dann aber ist der Vorsprung für die etablierten Unternehmen nur noch schwer oder gar nicht mehr aufzuholen. Die Marktdominanz von Amazon ist dafür das beste Beispiel. Besser ist es, die Augen offen zu halten und nicht nur zu beobachten, welche Player in der eigenen Umgebung auftauchen, sondern auch, wie sich das Verhalten der Kundinnen und Kunden verändert. Daraus lassen sich dann neue Strategien und Visionen entwickeln.
10. Zielgruppe: Falsches Verständnis der eigenen Zielgruppe
Der Einkaufsleiter, die Geschäftsführung oder das Management sind nicht zwangsläufig die wirkliche oder einzige Zielgruppe eines Unternehmens. Ebenso gut kann es sein, dass diese vermeintlichen Kernzielgruppen aufgrund interner Prozesse, Meinungsführer oder technischer Richtlinien und Vorgaben auf Empfehlungen und Ratschläge anderer Abteilungen angewiesen sind. Wer diese Abhängigkeiten kennt, kann sein Angebot und seine Kommunikation auf die wahren Entscheider im Einkauf abstimmen.
“Wer sich dem digitalen Vertrieb im B2B öffnet, muss nicht automatisch einen Online-Shop bauen”, fasst SHOPMACHER-Geschäftsführer André Roitzsch zusammen. Aber gerade jüngere Zielgruppen würden ihre Beschaffung lieber selbst über das Internet abwickeln, als dafür jedes Mal den zuständigen Außendienstmitarbeiter anrufen zu müssen. “B2B-Unternehmen müssen die richtigen Antworten auf die Frage finden, wie digitale Services für ihre Kunden aussehen könnten. Und sie müssen ihre eigenen Prozesse digitalisieren, um diese Services so effizient wie möglich abwickeln zu können.
ots