Unternehmen auf der ganzen Welt schickten ihre Mitarbeiter 2020 über Nacht ins Home Office, um sie vor dem sich ausbreitenden Coronavirus zu schützen. Moderne Technik wie Video-Call-Anbieter, cloudbasierte Collaboration-Tools und Chat-Programme ermöglichten diesen schnellen Wechsel von der bürogebundenen Zusammenarbeit zur virtuellen Teamarbeit.
Aber um die Vorteile der Telearbeit wirklich zu nutzen, braucht es mehr als nur die richtigen Tools. Es braucht neue Regeln der Kommunikation, neue Wege der Zusammenarbeit und ein neues Führungsverständnis.
Doch wie entwickelt und führt man hochleistungsfähige Remote Teams, die in virtuellen Umgebungen arbeiten? Nutzen Sie dazu die neun Grundregeln erfolgreicher Remote-Führung.
1. Mit gutem Beispiel vorangehen
Sie wollen, dass Ihr Remote-Team Ihnen vertraut und Sie respektiert? Sie wollen, dass Ihr Team Ihre Regeln befolgt? Gehen Sie mit gutem Beispiel voran, leben Sie diese Regeln konsequent vor und wiederholen Sie sie wie ein Mantra gegenüber Ihrem Team. Wenn Sie gemeinsam etwas Großartiges erreicht haben, z.B. einen neuen Kunden gewonnen haben, einen guten Deal gemacht haben, geben Sie Ihrem Team die nötige Anerkennung. Und wenn mal etwas schief gegangen ist, z.B. ein Projekt gescheitert ist oder ein Kunde sich über etwas beschwert hat, geben Sie nicht Ihrem Team die Schuld, sondern fragen Sie sich selbst: Was kann ich persönlich beim nächsten Mal anders machen, damit so etwas nicht wieder passiert?
2. Transparenz als Standard
Wir glauben an totale Transparenz als den besten Weg, ein Unternehmen zu führen. Deshalb halten wir alle Informationen für das Team und sogar für die Öffentlichkeit zugänglich – es sei denn, Gesetze oder Verträge verbieten es uns. Dazu gehören es auch, offen mit sensiblen Themen umzugehen wie bei der Beendigung einer Arbeitsbeziehung. Wir posten eine lange, ehrliche Erklärung dieser Entscheidungen in unserem „General-Channel“ in Slack.
Transparenz ist ein Kernwert, den wir auf die Spitze treiben. Wenn Sie gerade erst angefangen haben, remote mit Ihrem Team oder Ihrem Unternehmen zu arbeiten, schalten Sie einen Gang zurück und beginnen Sie mit kleineren Dingen: Machen Sie Ihren Kalender für Ihre Teamkollegen sichtbar, beantworten Sie Fragen Ihres Teams immer schnell und zuverlässig, kommunizieren Sie immer offen mit Ihrem Team und vermeiden Sie Corporate Bullshit.
Kurze Status-Updates zu Beginn und am Ende Ihres Arbeitstages und in längeren Pausen machen Sie und Ihr Team besser erreichbar. Nicht vergessen: Wenn Sie remote arbeiten, sind Sie für Ihr Team nicht sichtbar. Bringen Sie Licht in diese virtuelle Blackbox mit ein bisschen mehr Transparenz und Effort. Ihr Team wird es bemerken und zu schätzen wissen.
3. Überkommunizieren Sie
Digitale Kommunikation bringt viele Vorteile mit sich, hat aber auch ihre Tücken. Chat-Tools wie Slack werden durch die Flut an Nachrichten schnell unübersichtlich. Und auch bei Video- Calls müssen Sie sich aufgrund der technischen Barrieren besonders anstrengen, damit Ihre Botschaft bei Ihrem Team ankommt.
Ex-Google-CEO Eric Schmidt teilt in seinem Buch „How Google Works“ eine erstaunliche Erkenntnis: Menschen müssen aus seiner Sicht eine Botschaft 22 Mal hören, bevor sie sie verinnerlichen. Das bedeutet: Erst wenn Sie Ihre eigene Botschaft nicht mehr hören können, werden die ersten Menschen in Ihrem Team beginnen, Ihre Botschaft wahrzunehmen.
4. Dokumentation macht Fortschritt sichtbar
Im Homeoffice haben Menschen oft das Gefühl, dass sie keine Fortschritte machen oder sie zweifeln daran, ob ihre Kollegen überhaupt arbeiten. Dokumentation hilft! Regelmäßige Status-Updates machen Fortschritte sichtbar, weisen frühzeitig auf Hindernisse hin und helfen, Lösungen zu finden. Zu Beginn eines jeden Tages posten wir alle ein kurzes „Hallo zusammen“ in unserem #status-Kanal in Slack und teilen kurz, was wir heute in Angriff nehmen wollen. Bevor wir Feierabend machen, posten wir „Ciao“ in unserem #status-Kanal und sagen kurz, was wir geschafft haben und wo wir noch Unterstützung brauchen.
Jeden Freitag posten wir in unserem #done-Kanal in Slack eine Zusammenfassung dessen, was wir in der Woche erreicht haben. Das schafft ein Gefühl des kollektiven Fortschritts und motiviert die Teams, ergebnisorientiert zu arbeiten. Denn keiner gibt gerne zu, dass er weniger geschafft hat als seine Kollegen.
5. Der Mensch zählt
Eine der Herausforderungen bei Remote Work besteht darin, dass sich jeder mit dem Team verbunden fühlt und als Teil des Teams wahrgenommen wird. Sie müssen die kleinen Dinge feiern, um Ihr Team zusammenzuschweißen. Wir machen das oft in Slack, z.B. in unserem #thanks-Kanal. Wenn ein Projekt gut gelaufen ist und es eine tolle Teamleistung war, oder ein Kollege besonderen Einsatz im Team gezeigt hat, posten wir ein Dankeschön in die Gruppe und zeigen so für alle sichtbar unsere Wertschätzung. Besonders wichtig: Auch hier haben Führungskräfte Vorbildfunktion und sollten regelmäßig in diesem Kanal aktiv sein. Unser CEO postet regelmäßig Glückwünsche bei Geburtstagen oder Firmenjubiläen in unserem #general-Kanal und das ganze Team schließt sich per Emojis an.
6. Virtuelle Kaffee-Ecke
Ein kurzer Plausch an der Kaffeemaschine, im Flur oder im Bistro: Die Gelegenheiten für persönliche Gespräche gehen im Homeoffice verloren. Aber Sie sollten unbedingt virtuellen Ersatz schaffen: In unserer Digitalagentur Stanwood nutzen wir dafür – Überraschung – einen Slack-Kanal, der explizit für Nicht-Arbeitsthemen gedacht ist. In unserem #random-Kanal teilen wir lustige Dinge miteinander, von süßen Katzenbildern über das neueste LEGO Star Wars Merchandise bis hin zu witzigen Memes und neuen Technik-Gadgets. Und jeden Freitagnachmittag treffen wir uns um 17 Uhr zur „Beer O’Clock“ in Zoom und stoßen per Video-Call auf eine weitere erfolgreiche Woche an. Das stärkt die Teamkultur, hilft, sich besser kennenzulernen und schützt vor dem gefürchteten Lagerkoller im Homeoffice.
7. Empowern Sie Ihr Team
Veränderungen in Unternehmen anzustoßen ist nicht leicht. Das gilt umso mehr, wenn Teams im Homeoffice arbeiten. Um alle Beteiligten so früh wie möglich ins Boot zu holen, postet unser CEO regelmäßig Bücher, die er liest und die einen Einfluss auf das Unternehmen haben könnten, zusammen mit seinen Notizen in unserem #general-Kanal in Slack. Ein Beispiel aus einem seiner Lieblingsbücher „Trillion Dollar Coach: The Leadership Playbook of Silicon Valley’s Bill Campbell“: Bill glaubt, die wichtigste Führungsaufgabe von Managern ist es, Menschen zu helfen, effektiver zu sein, zu wachsen und sich weiter zu entwickeln. Es geht nicht darum, Probleme zu lösen oder die schlauste Person im Raum zu sein. Aber vielleicht haben Sie diese Erkenntnis ja schon in Ihre Mitarbeiterführung integriert?
8. Führen Sie reflektiert und bescheiden
Stellen Sie Menschen ein, die einen starken Drang haben, zu lernen und zu wachsen. Wir fördern diese persönliche Entwicklung, indem wir regelmäßig ganz offen Feedback geben und auch einfordern. Wir führen monatliche 1:1-Gespräche mit allen Teammitgliedern, wir haben informelle Check-Ins und zu Beginn eines Meetings fragen wir jeden nach seinen Top-3 Dingen, die heute oder im Projekt schxxxx gelaufen sind. So kann jeder zu Beginn kurz Dampf ablassen und ist anschließend offen für die eigentlichen Meeting-Themen. Außerdem führen wir regelmäßige 360°-Feedback-Runden mit allen Mitarbeitenden sowie Leadership-Surveys mit allen Führungskräften durch. Nachdem die Führungskräfte Feedback von ihrem Team erhalten haben, posten sie ihre wichtigsten Erkenntnisse offen in ihren Team-Kanälen in Slack und zeigen so Reflexionsfähigkeit und Bescheidenheit als Führungskraft.
9. Achtsamkeit
Um auch in stressigen Arbeitsphasen fokussiert und entspannt zu bleiben, ermutigen wir alle Team-Mitglieder, Formen von Achtsamkeitsmeditation auszuprobieren. Dazu stellen wir ihnen ein kleines Budget pro Monat zur Verfügung, um eine Meditation bzw. einen Achtsamkeitskurs zu finden, der zu ihren individuellen Bedürfnissen passt. Und wir haben natürlich auch einen eigenen #mindfulness-Kanal in Slack, in dem einige von uns ihre Lieblingsmeditationsplätze oder neue Achtsamkeitsprogramme teilen.
Hannes Kleist, Geschäftsführer der Digitalagentur Stanwood und stellvertretender Vorsitzender der BVDW-Fokusgruppe Mobile, gründet eine neue Beratungsagentur für Remote Work und Leadership. Mit seinem Unternehmen Fooxes Consulting will Kleist Managern, Gründern und Unternehmensteams in Deutschland mit praxiserprobten Lern- und Coaching-Formaten dabei helfen, auch nach Corona erfolgreich remote zu arbeiten.
Gründer Hannes Kleist arbeitete selbst 13 Jahre lang vollständig remote in seiner Digitalagentur Stanwood, in der er mit bis zu 50 Mitarbeitern in 19 Ländern Europas Apps und Websites für Condé Nast, Bertelsmann, ProSiebenSat.1, die FUNKE MEDIENGRUPPE, Jaguar Land Rover und Continental entwickelte. Diese Praxiserfahrung gibt er nun in Masterclass-Videos, Online-Workshops, -Vorträgen und Whitepaper an deutsche Unternehmen weiter. Themen der Lernformate sind: Remote Work, UX & UI Design, Mindful Work und Digital Sales.
Hannes Kleist
Fooxes Consulting GmbH
Pappelallee 78-79
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