Gute Mitarbeitende zu finden, ist zunehmend härter geworden, und sie zu halten, ist immer herausfordernder. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen zielführende Massnahmen ergreifen, um ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern. Zu den grössten Erfolgsfaktoren zählt ein stärkenorientierter Führungsstil mit einem gelebten Purpose.
Viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung eines sich verschärfenden Fachkräftemangels. Darüber hinaus hat der jüngste Engagement-Index von Gallup aufgezeigt, dass auch die Mitarbeiterbindung während der Pandemie weiter gesunken ist: 69% der Befragten nannten wenig bis gar keine emotionale Bindung zu ihrem Unternehmen, und 40% der Befragten beabsichtigten das Unternehmen binnen Jahresfrist zu verlassen. Gleichzeitig wurde erhoben, dass zwei Drittel aller Mitarbeitenden über ihren Lebenssinn nachdenken und die Hälfte aller Mitarbeitenden ihre Arbeit neu bewerten. In diesem Zusammenhang zeigte der Job-Stress-Index2022 auf: Jeder Dritte der Erwerbstätigen in der Schweiz fühlt sich emotional erschöpft und nimmt überdurchschnittlich mehr arbeitsbezogene Belastungen als Ressourcen wahr. Neben dem grossen emotionalen Leid der Betroffenen gehen damit auch Produktivitätsverluste mit einem ökonomischen Potenzial von CHF 6,5 Mrd. einher.
Berufliches Engagement fördern
Diese Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, dass Unternehmen mit zielführenden Massnahmen alle Hebel in Bewegung setzen, um diesen Dynamiken entgegenzuwirken. Zielführende Massnahmen sind dabei all jene, die das berufliche Engagement der Mitarbeitenden fördern. Unter beruflichem Engagement wird ein positiver arbeitsbezogener Geisteszustand verstanden, der sich durch die drei Dimensionen Vitalität (hohe Belastbarkeit und Ausdauer), Hingabe (hohes Sinnerleben bei der Arbeit) und Absorption (unentwegte Freude an der Arbeit) bei den Mitarbeitenden ausdrückt.
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass engagierte Mitarbeitende produktiver und gesünder sind. Zudem verhalten sie sich loyaler gegenüber ihren Arbeitgebenden und sind weniger gewillt, das Unternehmen zu verlassen. Dies wirkt sich positiv auf die Arbeitgeberattraktivität aus.
Stärkenorientierte Führung
Wie kann das berufliche Engagement gefördert werden? Die Forschungsresultate der Positiven Psychologie haben aufgezeigt,dass zu den grössten Erfolgsfaktoren ein moderner Führungsstil gehört, der eine stärkenorientierte Unternehmenskultur mit einem gelebten Purpose fördert. Beispielsweise wurde wissenschaftlich nachgewiesen, dass Mitarbeitende, deren Arbeitsanforderungen mit den persönlichen Stärken übereinstimmen, mehr Spass und Freude bei der Arbeit haben motivierter sind, ihre Arbeit als sinnvoll erleben und zufriedener mit ihrem Beruf sind.
Diese Befunde beziehen sich insbesondere auf den Einsatz der sogenannten Signaturstärken. Dies sind Stärken, die besonders typisch für eine Person sind und ein Gefühl im Sinne von «Das bin wirklich ich!» auslösen.
Folglich sollten Führungskräfte stärkenorientiert führen, um die Anwendung der persönlichen Signaturstärken in den Arbeitstätigkeiten zu verbessern. Dafür ist es in einem ersten Schritt wichtig, sich als Führungskraft selbst in der Nutzung der persönlichen Signaturstärken zu üben. Sie erhalten auf der nächsten Seite eine Übungsanleitung, wie Sie dies trainieren können.
Dieses Training ist ganz wesentlich dafür, um in einem nächsten Schritt die Stärken bei den Mitarbeitenden zu erkennen und sie bei der häufigeren Anwendung ihrer persönlichen Signaturstärken zu unterstützen.
Purpose – Sinnerleben bei der Arbeit
Ein stärkenorientierter Führungsstil fördert ein hohes Sinnerleben bei der Arbeit. Einerseits durch die Anwendung der persönlichen Stärken. Darüber hinaus durch die klare Vermittlung eines Purpose, d.h. eines klaren Sinn und Zwecks.Denn Mitarbeitende wollen wissen, wozu sie etwas tun. Nur wenn sie den Grund in ihrem Tun sehen, haben sie auch die Kraft und Energie für ihr Tun. Wenn sie den Sinn in ihrem Tun nicht mehr sehen, müssen sie viel Energie aufwenden. Und mit der Zeit verlieren sie die Freude an der Arbeit, werden unglücklich und schlimmstenfalls krank. Führen mit Sinn bedeutet in einem ersten Schritt, sich selbst den Sinn klarzumachen. Dazu ist es wichtig, die folgenden Fragen zu beantworten.
1. Was ist der Sinn und Zweck unseres Unternehmens?
2. Wofür bezahlen uns unsere Kundenwirklich?
3. Welcher Sinn leitet sich daraus für mich und mein Team ab?
Anschliessend wollen Sie Ihren Mitarbeitenden diesen Sinn und Zweck weitergeben. Einige Impulse, wie Sie dabei vorgehen können, finden Sie auf der vorhergehenden Seite.
10 PRAXISTIPPS, UM HOHES SINNERLEBEN ZU SCHAFFEN
- Nehmen Sie sich Zeit für Ihre Mitarbeitenden, um den Sinn und Zweck – «the reason why» – aufzuzeigen und zu besprechen: auf Ebene des Unternehmens und auf Ebene der einzelnen Tätigkeiten.
- Stellen Sie den persönlichen Kontakt zwischen den Mitarbeitenden und den Empfängern ihrer Arbeit her.
- Geben Sie Ihren Mitarbeitenden Feedback zur geleisteten Arbeit.
- Verbringen Sie Zeit im Team, um über den Einfluss des Unternehmens auf die Gesellschaft und die Kunden nachzudenken.
- Führen Sie einen regelmässigen Austausch zwischen den einzelnen Abteilungen
durch («Wozu brauchen wir das von euch, was passiert damit?»). - Ermöglichen Sie das gemeinsame Ausarbeiten von Zielen.
- Reflektieren Sie im Team: Worin liegen unsere Stärken? Wie bringen wir unsere Stärken gemeinsam in das Unternehmen ein? Was können wir besser als andere, und woraus folgt daher unsere Überlegenheit?
- Geben Sie Ihren Mitarbeitenden Gestaltungsmöglichkeiten, die sinnstiftend sind.
- Unterstützen Sie Ihre Mitarbeitenden, die eigenen Stärken in die Arbeit einzubringen.
- Geben Sie Handlungsfreiraum, indem Sie Herausforderungen bieten
ÜBUNGSANLEITUNG ZUR IDENTIFIKATION UND ZUR ANWENDUNG VON SIGNATURSTÄRKEN
Schritt 1: Füllen Sie unter https://charakterstaerken.org den Fragebogen VIA-IS zur Identifikation Ihrer Stärken aus. Die Teilnahme ist kostenlos. Wenn Sie den Fragebogen erfolgreich abgeschlossen haben, erhalten Sie Ihre persönliche Auswertung mit den 24 Stärken. Die Forschung zeigt, dass es sich bei den obersten drei bis sieben Stärken um die persönlichen Signaturstärken handelt.
Schritt 2: Überprüfen Sie für die ersten sieben Stärken auf Ihrem Auswertungsblatt, ob diese ein Gefühl des Besitzes und der Authentizität im Sinne von «das bin wirklich ich» auslösen. Lesen Sie dazu die kurze Beschreibung der Stärke auf dem Auswertungsblatt. Wenn Sie sagen «das bin wirklich ich», machen Sie ein «S» für Signaturstärke hinter diese
Charakterstärke.
Schritt 3: Beobachten Sie während der nächsten vierzehn Tage, wie häufig Sie Ihre Signaturstärken im Berufsalltag einsetzen. Anschliessend fügen Sie jeder Signaturstärke die beobachtete Häufigkeit des Einsatzes hinzu (6 = sehr häufig, d.h. sehr oft täglich; 5 = häufig, d.h. mehrmals täglich; 4 = manchmal, d.h. 1- bis 2-mal täglich; 3 = selten, d.h. mehrmals wöchentlich; 2 = sehr selten, d.h. mehrmals monatlich oder jährlich; 1 = nie).
Schritt 4: Für alle Signaturstärken, die Sie noch nicht sehr häufig (6) oder häufig (5) anwenden, überlegen Sie sich, welche konkreten Möglichkeiten Sie haben, um diese Signaturstärke(n) noch häufiger in Ihrem Berufsalltag anzuwenden. Notieren Sie sich konkrete Ziele, die Sie in Ihrem Alltag umsetzen wollen.
Katharina Chicherio ist Geschäftsführerin der Celo Institut GmbH. Mit Leidenschaft für Menschen und Expertise in Coaching (Dipl.), Psychologie (BSc) und Betriebswirtschaft (MSc) coacht sie Unternehmer und Führungskräfte, leitet Workshops und gibt Impulsreferate.
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