Immer wieder mal treffen wir auf die Aussage: Vertriebs-Controlling haben wir. Wir kontrollieren das gemeinsam mit der Finanzabteilung. Vertriebs-Controlling spielt aber eine entscheidende Rolle bei Planung und Steuerung von Kunden.
Was ist die Aufgabe von Vertriebs-Controlling?
Das Vertriebs-Controlling hat die Aufgabe, die betriebswirtschaftliche Absatz- und Finanzplanung eines Unternehmens und Geschäftsjahres, auf die Kunden herunter zu brechen und eine Kunden- und Kanal-Erfolgsrechnung zu etablieren.
Die Ziele von Vertriebs-Controlling
Das Vertriebs-Controlling verfolgt die Zielsetzung, die geplante Kunden- und Kanal-Erfolgsrechnung mit der sich tatsächlich entwickelnden Erfolgsrechnung abzugleichen. Bei Abweichungen zum Planungszeitraum die Gründe zu analysieren und Optionen zu Steuerung zu erarbeiten. Bei negativen Abweichungen werden Maßnahmen entwickelt, damit die Planung unter Profitabilitäts- und Umsatzaspekten erreicht wird. Die Planung und tatsächliche Entwicklung werden in der Kunden-Erfolgs-Rechnung dargestellt. Die Profitabilität des Kunden steht im Vordergrund.
Kunden-Erfolgsrechnung – Transparente Kunden
In der Kunden-Erfolgsrechnung werden alle zurechenbaren Umsätze und Kosten des Kunden verursachungsgerecht erfasst.
Folgende Kosten werden erfasst:
- Alle Konditionen des Kunden aus den Jahresgesprächen und unterjährig vereinbarten Zahlungen auf nationaler (Zentrale), regionaler (Großhandel, Vertriebsregionen) lokaler (SEH) Ebene. Sowohl leistungsbezogen als auch nicht-leistungsbezogen.
- Alle direkten Trade Marketing und Vermarktungs-Kosten (Listungsgelder, Promotion Maßnahmen (Displays, Werbemittel etc.))
- Direkte Kosten der Finanzierung, (Warenrücknahmen, Skonto, Zahlungszieltage, Außenstände etc.)
- Zurechenbare Herstellkosten (variable und fixe Herstellkosten, Wareneinsatz)
- Zurechenbare Service-Kosten (umlagefähige Innendienstkosten, Außendienstkosten, KAM-Kosten, Logistik (direkte und indirekte) etc.)
Diese Kunden-Erfolgsrechnung wird bis auf den gelisteten und distribuierten Artikel herunter gebrochen. Die Erfassung der einzelnen Artikel in der Planung als auch in den Ist-Kosten ist notwendig, um unter Wachstums- und Profitabiliäts-Aspekten die Sortimente und Aktivitäten beim Kunden steuern zu können.
In anderen Kalkulationen werden noch indirekte Kosten der Verwaltung geschlüsselt. Logistikkosten werden zum Teil in direkte Kosten (Logistikkonditionen, Frachten etc.) und indirekte Kosten (eigenes Lager, Kommissionierung etc.) unterteilt. Welche Kalkulation letztlich hilfreich ist, wird mit der kaufmännischen Leitung entschieden.
Fragestellungen und Aufgaben des Vertriebs-Controllings
- Welche Preise müssen erzielt werden, damit der Kunde profitabel ist?
- Artikelpreise
- Aktionspreise (Aktionsrabatte)
- Welche Basiswerte (Umsatz, Kosten, DB 1-3 etc.) müssen eingehalten werden, um die Planung zu erreichen?
- Welche Artikel und Sortimente sind für den einzelnen Kunden profitabel und wachstumsorientiert zu steuern?
- Wie müssen Aktionen und Promotion effizient geplant werden?
- Welche Kosten beeinflussen die Kundenprofitabilität des Kunden?
- Welche Einflussgrößen sind entscheidend für die Profitabilität des Kunden?
- Welche Konditionen beeinflussen die Profitabilität?
- Welche Konditionsveränderung hat welche Risiken und Chancen?
- Wie ist der Mengenhebel pro Artikel, um mögliche Profitabilitätsveränderungen zu erreichen?
- Wie effizient ist der Kunde im Jahresverlauf?
Jede der Fragestellungen zielt auf eine Verbesserung der Profitabilität des Kunden ab. Sie zahlt damit auf die übergeordnete Firmenstrategie der Gewinnerzielung ein. In der Praxis führt diese Aufgabenstellung zu intensiven Diskussionen zwischen Vertrieb, Controlling und Trade Marketing, da hier durchaus konkurrierende Ziele in der kurzfristigen Zielsetzung liegen können.
Damit die Steuerung funktioniert, ist die Umsetzung und Implementierung von Vertriebs-Controlling in das Unternehmen von Bedeutung.
Umsetzung und Implementierung des Vertriebs-Controllings in die Unternehmens-Organisation
Folgende Instrumente sind notwendig:
- Einführung einer Kunden-Erfolgsrechnung auf Basis von Vollkosten (direkt und indirekt zurechenbar und verursachungsgerecht)
- Die Erfolgsrechnung wird auf die kleinste Einheit herunter gebrochen (Artikel)
- Einführung einer Kunden-Sortiments-Mix Rechnung
Funktional und disziplinarisch ist der Vertriebs-Controller grundsätzlich dem kaufmännischen Bereich bzw. dem Geschäftsleiter zugeordnet. Diese Zuordnung ist notwendig, damit der Vertriebs-Controller keinem Zielkonflikt mit dem Vertrieb unterliegt (Wachstum, Mengendruck kann größer sein, als Profitabilitätsdruck im Vertrieb).
Funktional ist der Vertriebs-Controller in die Kunden-Planungsprozesse mit eingebunden.
Er analysiert die möglichen Konditionsveränderungen des Kunden hinsichtlich der Auswirkungen auf die Profitabilität des Kunden. Im Idealfall errechnet der Vertriebs-Controller ein profitmaximierendes Sortiment für einzelne Kunden.
Die Kernaufgabe ist es, das Key Account Management und die Vertriebsleitung auf Fehlentwicklungen in der Kundenprofitabilität hinzuweisen und Maßnahmen zur Profitabilitätsverbesserung vorzuschlagen.
Mögliche Konfliktfelder
In der Diskussion mit Vertrieb ergeben sich kurzfristig mögliche Konflikte in folgenden Punkten:
- Verlust der absoluten Preishohheit und Preisfindung durch den Vertrieb
- Berücksichtigung von 3 elementaren Kennziffern des Kunden
- Mengen
- Wachstum
- Profitabilität
die nicht mehr allein durch den Vertrieb gemessen und beeinflusst werden
- Aktions- und Sortimentsplanung auch unter Profitabilitätsaspekten
- Möglicher Zielkonflikt mit wachstumsstarken, aber margenschwachen Kunden
- Verzicht auf Wachstum zugunsten der Kundenprofitabilität
- Verzicht auf Profitabilität zugunsten von Wachstum
In der Diskussion mit Trade Marketing ergeben sich mögliche Konflikte aus:
- Shopper-orientierter Sortimentssteuerung vs. profitabel –orientierter Sortimentssteuerung
- Kunden orientierter Aktions- und Promotionplanung vs. profitabler Aktionsplanung
- Trade Marketing Aktivitäten vs. Effizienz der Aktivitäten (Mengenhebel)
Entscheidend ist, dass es eine gemeinsame Vertriebsstrategie mit einem Kundenportfolio gibt, die die Richtung vorgibt. Im Zweifel entscheiden Vertriebs- und Geschäftsleitung gemeinsam.
Anforderungsprofil an einen Vertriebs-Controller
Grundsätzlich sind tiefergehende kaufmännische Kenntnisse über die Deckungsbeitrags-Rechnung als auch Kostenstellen- und Kostenträger-Rechnung zwingend notwendig. Vertriebs-Controller sollen betriebswirtschaftlich geprägt sein, mit Kenntnissen/Verständnis für vertriebliche Zusammenhänge.
In der Kostenumlage-Rechnung kennt sich ein Vertriebs-Controller genau aus. Er hat Transparenz über die Finanzierungskosten des Kunden. Kenntnisse über Rohwareneinsatz die Produktionszusammenhänge sind nützlich. Weitere Kenntnisse über interne Arbeitsprozesse und Rechnungslegung sind hilfreich.
Vertriebs-Controller können auch von außen besetzt werden (Firmenfremde), da die benutzten Systeme und Rechnungslegungsarten nicht grundsätzlich voneinander differieren.
Vertriebs-Controller können sich intern in Diskussionen auch durchsetzen und werden sich gut in die internen Unternehmensabläufe vernetzen. Der Teamgedanke sollte im Vordergrund stehen.
Thomas Kleinschnittger ist seit 8 Jahren Berater für Vertriebsorganisationen und Vertriebsprozesse. Sein Schwerpunkt liegt in den Themen Restrukturierung, Strategie, Interim-Management.
Er lehrt als Dozent an der Universität für angewandte Wissenschaften, Bremen am Lehrstuhl Strategisches Handelsmanagement.
BridgeBuilders – Unternehmer-Beratung für Vertriebsorganisationen und Vertriebsprozesse
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