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Big Data: 5 wichtige Aspekte, die ihre Gültigkeit behalten

Nichts scheint die Vermarkter derzeit mehr umzutreiben, als die stetig steigende Datenflut in Kundenbindung umzumünzen. Doch im neuen Datenberg lauern ein paar alte Herausforderungen, die immer noch zu meistern sind. Und zwar unabhängig vom Datenschutz. Eine neue Qualität und Quantität ergibt sich durch die rasant ansteigende Menge von Verbraucherdaten im Netz und die Möglichkeiten, diese inzwischen zu teilen. Da ist es nur logisch, dass die hoch spezialisierte IT- und Netz-Industrie – mit Blick auf das eigene Geschäft-diese Daten als das neue Gold in der Vermarktung preist. Und damit die Agenden der Marketeers verändert. Es bleiben jedoch ein paar altbekannte Herausforderungen, die man sich besser klar macht, bevor man teure Ressourcen für Diskussionen, Projekte oder Experimente vergeudet.

Am besten hat das aus meiner Sicht Danah Boyd (Social Media-Wissenschaftlerin; Microsoft Research; New York University; Harvard University) in einem Beitrag von 2010 (Privacy and Publicity in the context of Big Data; http://www.danah.org/papers/talks/2010/WWW2010.html ) auf 5 wesentliche Punkte gebracht:

  1. Bigger data are not always better data
  2. Not all data are created equal
  3. What and why are different questions
  4. Be careful of your interpretations
  5. Just because it is accessible doesn’t mean using it is ethical

Diese Punkte möchte ich aufgreifen und mit meinen Worten kurz erläutern.

1) Bigger data are not always better data

Haben old school-Datenerhebungen immer das Problem der Quelle, der Zusammensetzung der Stichprobe, des Entstehungskontextes und Repräsentativität der Aussagen, wird das durch mehr Daten aus mehr Quellen nicht automatisch behoben. Facebook z.B. bildet nur das Facebook-Universum, unter Facebook-Gesetzmäßigkeiten und Facebook-Aussagekraft ab. Das gilt auch für die vielen anderen Quellen im Netz.

Auch in Zeiten von Big Data schlägt Datenqualität immer noch die Datenquantität.

2) Not all data are created equal

Auch wenn Einzelinformationen von Verbrauchern im Netz den Eindruck erwecken; es sind nicht automatisch pure Daten. Nur weil man eine Menge von Einzeldaten clustern, berechnen, kreuzauswerten und extrapolieren kann, wird das Ergebnis nicht automatisch schlüssiger. So werden wohl wenige Menschen bei Facebook den Ehepartner als „Friend“ gelistet haben, obwohl er im besten Fall der innigste Partner ist. In diesem Fall ist auch Big Data darauf angewiesen, was artikuliert wird. Das muss nicht repräsentativ dafür sein, was eine Beziehung tatsächlich ausmacht. Eine Marke mit vielen „Friends“ ist deshalb noch nicht zwangsläufig im Kern der wirklich loyalen Verwender verankert.

Die Bestellung eines Kartons Rotwein weist jemanden nicht automatisch als Weinliebhaber aus, wenn der Grund eine Feier mit weintrinkenden Gästen ist. Hier kann Big Data nur beschreiben, wie sich jemand verhalten hat. Also ist man mit den darauf folgenden Vorschlägen für Weinliebhaber nicht zwangsläufig an der richtigen Adresse.

Um die richtigen Schlüsse aus Daten zu ziehen, sollte man deren Limitationen kennen.

3) What and Why are Different Questions

Quantitative Erkenntnisse üben seit jeher einen Reiz auf Marketeers aus. Man kann sie verknüpfen, berechnen, verdichten und in Schaubildern darstellen. Die Stärke der Zahl liegt in der Erklärung des WAS (wer, wieviel, wann, wie oft). Man weiß i.d.R. aber noch nicht WARUM das WAS so ausgefallen ist. Wird dieser Schluss nun intern ohne den Konsumenten gezogen, hat man die quantitative Seite schwer aufgerüstet, um sich im Zweifel dennoch selber ins Knie zu schießen. Ohne Erkenntnisse über die Hintergründe des Verhaltens, liefern auch große Datenmengen nur Beschreibungen des Hier und Jetzt. Das ist schon recht viel, reicht jedoch selten für die Gestaltung der Zukunft.

Ohne eine Antwort auf das WARUM ist auch ein umfassendes Wissen über das WAS wenig wert.

4) Be careful of your Interpretations

Eine Ansammlung von vielen Daten erweckt schnell den Eindruck, man habe es mit Fakten zu tun. Jedoch ist die Interpretation dieser Daten letztlich entscheidend. Jedes Boardmeeting gibt davon ein lebensnahes Zeugnis. Dagegen wird die qualitative Forschung oft als unrepräsentative „Textinterpretation“ missverstanden. Doch auch sie lebt von der Interpretation erhobener Informationen. Die oft gescholtene Markforschung –egal ob quantitativ oder qualitativ- trägt mit den gelieferten Daten nicht dazu bei, Flops zu produzieren oder Hits zu verhindern. Es sind immer die Schlüsse und Konsequenzen, die aus den Daten gezogen werden.

Auch bei Nutzung von Big Data macht die Fähigkeit der Dateninterpretation den Unterschied.

5) Just because it is accessible doesn’t mean using it is ethical

Hier hat sich seit 2010 viel getan. Zum einen auf Seiten der User, die sehr schnell und selbstständig abwägen, was sie für welche Leistung bereit sind von sich preis zu geben. Zum anderen auf Seiten der Verbraucher- und Datenschützer, die versuchen, mit der rasanten Entwicklung Schritt zu halten. Das ist und bleibt ein spannendes Hase- und Igelspiel.

Die Rahmenbedingungen für Big Data werden auf Sicht noch lange in Bewegung bleiben und Flexibilität im Umgang fordern.

Fazit:

Es muss im Interesse der Vermarktungsverantwortlichen sein und bleiben, den Verbraucher besser zu verstehen. Big Data liefert dazu eine Menge neuer und zugänglicher Quellen. Doch ob das zu effektiverer Vermarktung in unseren gesättigten Märkten führt, darüber entscheidet wie seit jeher- ob man die richtigen Fragen, den richtigen Leuten gestellt hat und ob man in der Lage ist zu erklären, warum sie sich so artikuliert oder verhalten haben. Insofern wird Marketing zukünftig enger mit IT-Spezialisten und Statistikern zusammenarbeiten. Doch es muss dabei alte Tugenden im Umgang mit Verbraucherinformationen erst recht kultivieren.

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