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„Maßnahmen zur Verringerung des Krankenstandes“ gibt es viele – aber wer traut sich, in diesem Zusammenhang die ganze Unternehmenskultur zu hinterfragen? Dass das Führungsverhalten von Vorgesetzten direkten Einfluss auf die Gesundheit der Mitarbeiter hat, ist Gott sei Dank in vielen Studien hinlänglich belegt. Ebenfalls gibt es abgeleitete Konzepte und Ansätze, wie individuelles Führungsverhalten verändert werden müsste, um einen positiven Einfluss auf die emotionale Bindung der Mitarbeiter und damit auf eine Reduktion des Krankenstandes zu haben.
Warum also sind hohe Krankenstände immer noch ein Thema?
Warum beobachtet man immer noch so viel destruktives Führungsverhalten? Wäre es nicht einfach, das zu erkennen, anzusprechen und zu ändern? Doch wer sollte das tun, wenn nicht die Unternehmensführung selbst? Ist sie bereit, anzuerkennen, dass sie es oft selbst sind, die bewusst oder unbewusst den Boden schaffen für die „informelle“ Kultur und das Verhalten ihrer Führungskräfte? Wie sehr kann man eine einzelne Führungskraft „schuldig“ sprechen, wenn sie in einer Kultur gedeiht, die ihr gesundheitsbeeinträchtigendes Verhalten toleriert oder gar unterstützt?
Ich weiß nicht, wieviele Unternehmen sich die Zeit nehmen, ihr Führungsverhalten gemeinsam und einheitlich zu definieren. Seltsame Auswüchse zu diesem Thema, wie daumendicke Führungshandbücher, die zum Start im Unternehmen überreicht werden und die dann keiner liest, habe ich jedenfalls des Öfteren gesehen.
Auch Leitsätze und Werte sind häufig von der HR- / MARKETING- oder PR Abteilung oder direkt von der Unternehmensführung propagiert. Diese lesen sich meist schön – werden aber, wenn man mit den Beschäftigten spricht, nur in den seltensten Fällen wirklich gelebt. Ein verächtliches Lächeln ist meist Ausdruck dessen, was die Identifikation der Mitarbeiter mit „vorgegebenen“ Werten angeht.
Woran liegt dieses „Miss-Verhältnis“?
Ich möchte aufgrund meiner Erkenntnisse aus Kommunikations- und Systemtheorie behaupten: Tagtägliches Verhalten & Kommunikation der Mitarbeiter, Führungskräfte und Unternehmensführung führt zur Bildung einer informellen Unternehmenskultur, die je nach Ausprägung ihre positive oder destruktive Wirkung entfaltet. Dabei haben alle ihren Anteil im Umgang miteinander, den Boden dafür aber schafft die Unternehmensführung.
Eindrücklich schildert Bodo Janssen in seinem Film „Die stille Revolution“ seine Reise von der vernichtenden Mitarbeiterumfrage in 2010 hin zu einer echten, werte-orientierten Unternehmensphilosophie, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht. Nun polarisiert dieser Film durchaus, es lässt sich trefflich diskutieren, inwiefern die Unternehmen „einzig“ für das Wohlergehen ihrer Mitarbeiter verantwortlich sind und bis zu welchem Grad man dies wirklich ausreizen muss – dennoch sprechen die Ergebnisse eine eindeutige Sprache:
- Steigerung der Zufriedenheit der über 600 Mitarbeitern auf 80%
- Senkung der durchschnittlichen Krankheitsquote von 8% auf 3%
- Steigerung der Weiterempfehlungsrate der über 300.000 Gäste auf 98%
- Verdopplung der Unternehmensumsätze innerhalb von drei Jahren, bei überproportionaler Steigerung der Produktivität (von 2013 auf 2014 40% mehr Ertrag)
(Quelle: https://www.der-upstalsboom-weg.de/der-upstalsboom-weg/die-geschichte/)
Dass es einfacher ist, über Fahrsicherheitstrainings, Führungskräfteseminare, Yogastunden, Betriebssport oder Teamerlebnistrips zu sprechen, als über die Unternehmenskultur ist verständlich: das eine ist greifbar, relativ schnell zu implementieren und „bezahlbar“.
Unternehmens-Kultur tatsächlich zu verändern ist eine lange Reise, die mit der Fähigkeit zur Selbstreflexion, Mut zur Veränderung, Eingestehen von Schwäche, Aushalten von Unsicherheit und vielleicht der Konfrontation mit unbewussten Ängsten und dem Auseinandersetzen mit Konflikten einhergeht. Auf jeden Fall aber Kommunikation auf Augenhöhe zulässt.
Wieviel Mut erfordert das?
Vielleicht ist der Respekt oder die Angst vor einer solchen Reise eine große Hürde und wird nur selten in aller Konsequenz angegangen. Systeme (auch: Organisationen) neigen zum Verharren in ihrer gewohnten Ordnung. Dort mag es vielleicht manchmal unbequem sein, aber es ist zumindest sicher. Veränderung braucht Energie– das ist anstrengend.
Sicher ist: es braucht nur einen einzigen Verfechter an der richtigen Stelle (=in der Unternehmensführung), der bereit ist, in den Spiegel zu schauen – und das System kommt in Bewegung.
Wenn die Unternehmensführung noch nicht dazu bereit ist, kann auch der „externe“ Leidensdruck oft ein guter Anstoßgeber für Veränderungswillen sein: rückläufige Umsätze, hohe Krankheitsstände, viele Kündigungen oder Kundenbeschwerden könnten Indikatoren sein. Erst wenn der Leidensdruck hoch genug ist, wächst vielleicht die Einsicht, dass Veränderung notwendig ist, um lebendig zu bleiben.
Aus der Praxis für die Praxis: Daniela Niemeyer berät als Sparringspartnerin Führungskräfte zu Vertriebs-strategischen und Organisations-Entwicklungs- Fragen. Dabei hat sie einen entscheidenden Vorteil: Sie vereint die tiefe Kenntnis der Unternehmensseite als ehem. Führungskraft eines führenden internationalen Markenartikelunternehmens mit der Neutralität eines externen Beobachters.
Über 18 Jahre Praxis-Erfahrung in Marketing, Verkaufsförderung und Vertrieb und über 10 Jahre bereichsübergreifende Führungs- & Change-Erfahrung ermöglichen ihr ein schnelles Verständnis der „unternehmerischen Realtität“. Entsprechend praxisnah lassen sich die wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie die klare Haltung und die erprobten Methoden der systemischen Organisationsentwicklung anwenden. Damit gelingt es, Antworten auf die Fragen zu finden, für die es in der klassischen Management-Literatur keine Anleitung gibt.
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