Gestörte Lieferketten, explodierende Einkaufspeise und die Kaufzurückhaltung der Konsumenten als Folgen der Pandemie und des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine setzen die Unternehmen unter Druck. Der großen Planungsunsicherheit und den steigenden Kosten wird mit einem „Tunnelblick“ nach innen begegnet: Einsparung von Kosten, Fokussierung auf das Kerngeschäft, Verschiebung von Projekten und Prioritäten. Kann hier das Innovationsmanagement einen Beitrag leisten?
Ja – denn das Innovationsmanagement besitzt eine Kompetenz, die hilft, auch in der Krise nach neuen Lösungen zu suchen: die Fähigkeit des Perspektiv- oder Blickwechsels. Diese ermöglicht einen anderen Blick auf die Problemstellungen und hilft damit, neue Ansätze oder Lösungen zu generieren, ganz nach dem Motto: „Wir können den Wind nicht ändern aber die Segel anders setzen“.
Hier ein Blick auf die wirksamsten Perspektivwechsel:
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Blick auf die Konsumenten,
Dies ist nicht wirklich überraschend, aber die Konsumentenperspektive ist noch immer der wirkmächtigste Perspektivwechsel. Hier schlummern die größten Potentiale auch in Krisenzeiten. Von Consumer Insights, über eine intensives Verständnis der Customer Journey bis zu den relevanten pain points, d.h. der Unzufriedenheit mit aktuellen Lösungen. Das tiefere Verständnis dafür, welche Lösungen, Orientierung und Hilfestellungen durch neue oder überarbeitete Produkt- und Service-Angebote den Unterschied machen werden, ist umso wichtiger, je unruhiger und unvorhersehbarer die wirtschaftliche Lage sich entwickelt: von der Bedeutung von Marken-Präsenz in Omnichannel-Angeboten bis hin zur Entwicklung von glaubwürdigen nachhaltigen Angeboten.
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Blick über den Branchenrand
Die eigene Kategorie hat jedes Unternehmen im Blick: Wettbewerber, Technologien, Konkurrenz durch Start-Ups. Das Innovationsmanagement nutzt darüber hinaus den Blick über den Branchenrand: Welche Lösungen aus anderen Branchen lassen sich transferieren oder adaptieren? Gerade beim Thema Geschäftsmodellentwicklung macht es Sinn, über den eigenen Branchenrand hinaus Antworten aus anderen Bereichen in den Blick zu nehmen. Die Adaption des Geschäftsmodells „product as a service“: krisensichere Kundenbindung durch Abo-,Miet-, oder Leasing-Modelle lässt sich aktuell in vielen Branchen beobachten.
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Blick auf potentielle Partner
Die Fähigkeit, unternehmensübergreifend zu kooperieren ist oft der Schlüssel für erfolgreiche Innovationen. In der aktuellen Situation und bei zunehmendem Effizienzdruck helfen brancheninterne- oder übergreifende Kooperationen z.B. über Einkaufsgemeinschaften, gemeinschaftliche Produktenentwicklung oder Platzierungskonzepte mit dem Handel, die eigenen Ressourcen zu schonen und trotzdem adaptions- und entwicklungsfähig zu bleiben.
In einer sich auf die aktuellen Absatz- und Beschaffungsproblematik verdichtenden Fokussierung sollten Unternehmen die Fähigkeiten des Innovationsmanagements nutzen, ihren Lösungsraum zu erweitern und Resilienz gegenüber dieser und zukünftigen Krisen aufzubauen.
Muriel Pöhler ist Strategie- und Innovationsberaterin. Mit vorherigen Stationen im Marketing und Innovationsmanagement bei Mars/Effem und Bacardi begleitet sie seit mehr als 10 Jahren Unternehmen – von Konzernen bis Start-Ups mit Fokus FMCG – in der Umsetzung von Innovationen und der Gestaltung von effektiven Prozessen. Sie ist ausgebildete Workshopmoderatorin, Expertin in Design Thinking und hat eine Passion für Nachhaltigkeit und die circular economy. An der Uni engagiert sie sich als Dozentin für Internationales Management und Innovation.