Die Vertriebsvergütung bekommt eine umso größere Bedeutung, je komplexer und wettbewerbsintensiver sich das Marktumfeld darstellt, in dem sich die Unternehmen bewegen. Dabei ist es erstaunlich, wie viele Unternehmen noch mit traditionellen Ansätzen der Vertriebsvergütung arbeiten und damit erhebliche Marktpotenziale nicht ausschöpfen. Dabei haben sich in der Vertriebsvergütung bedeutende Neuerungen ergeben.
In schwierigen Marktsituationen kommt es darauf an, den Vertrieb in eine optimale Stellung zu bringen, um Produktionskapazitäten auszulasten und sich gegenüber dem Wettbewerb zu behaupten. Umso mehr erstaunt es, wie viele Unternehmen relativ wenig Wert darauf legen, den Vertrieb anspruchsvoll zu führen und zu steuern. Man verzichtet z.B. darauf, die Mitarbeitenden in klare Ziele einzubinden, die die eigentlichen Anliegen des Unternehmens widerspiegeln. In die Vertriebsvergütung ist dabei meist nur der Außendienst eingebunden, eine teamorientierte Lösung wird versäumt. Vergütet werden meist nur klassische Kriterien wie Umsatz oder Deckungsbeitrag: Strategische Kunden- und Produktziele bleiben auf der Strecke, langfristig wirkende Aktivitäten der Mitarbeitenden erhalten keine Beachtung.
Vertriebsvergütung wirkt
Obwohl die Wirkung von pekuniären Anreizen über eine moderne Vertriebsvergütung empirisch und wissenschaftlich erwiesen ist, verschenken viele Unternehmen die Potenziale, die darin liegen. Feldstudien belegen, dass die Einführung von Systemen der Vertriebsvergütung die Leistung der Mitarbeitenden nachhaltig steigert. Ein weiterer wichtiger Vorteil der Vertriebsvergütung liegt in ihrer Eignung, über Ziele, in die die Mitarbeitenden eingebunden werden, die Vertriebsaktivitäten in die gewollte Richtung zu lenken.
Die Tatsache, dass eine variable Vergütung im Vertrieb mehr Wirkung zeigt als in anderen Unternehmensbereichen liegt u.a. daran, dass sich im Vertrieb sehr leicht und umfangreich Vergütungskriterien (KPI) finden lassen, die quantifizierbar sind und von den Mitarbeitenden relativ einfach nachvollzogen werden können.
Wie lässt sich aber nun eine wirkungsvolle Vertriebsvergütung aufbauen, welche Stufen müssen durchlaufen werden, um am Ende nicht nur eine motivierende Vergütung zu praktizieren, sondern eine, die darüber hinaus den Vertrieb noch optimal steuert?
Fünf Stufen zum Aufbau einer leistungsstarken Vertriebsvergütung
Unternehmen, die sich an eine Überarbeitung ihrer traditionellen Vertriebsvergütung heranmachen, sollten folgende fünf Stufen durchlaufen, um zu einer überlegenen Vertriebsvergütung zu kommen:
1. Festlegung der Bezugsberechtigten
Dahinter steckt die Frage, wer in die zukünftige Vertriebsvergütung einbezogen werden soll? Während sich die klassische Provision eher auf den Außendienst konzentriert, geht moderne Vertriebsvergütung davon aus, möglichst viele Mitarbeiterbereiche in die variable Vergütung einzubeziehen: Vertriebsinnendienst, technische Beratung, Service, Produktmanagement, Projektmanagement, Call Center usw.
Wie baut man nun aber eine leistungsstarke Vertriebsvergütung z.B. im Innendienst? Die meisten Unternehmen begehen den Fehler, die Innendienstvergütung einfach als Spiegelbild der Außendienstvergütung einzurichten, d.h. die gleichen Leistungskriterien zu vergüten, wie sie im Außendienst angesagt sind. Dabei handelt es sich um eine typische „Gießkannenlösung“, die fälschlicherweise oft als „Teamvergütung“ missverstanden wird.
Nun hat der Innendienst aber andere Aufgaben als der Außendienst. Die Mitarbeitenden müssen vielmehr das, was sie vergütet bekommen, auch wirklich selbst beeinflussen können. Sonst verpufft die Wirkung der Vertriebsvergütung.
„Gießkannen-Lösungen“ verursachen dem Unternehmen Kosten, zeitigen aber keine nachhaltige Wirkung. Solche Kriterien bewegen sich „zu weit entfernt“ vom einzelnen Mitarbeitenden, der erhoffte Teamerfolg der Vergütung bleibt meist aus. Eine teamorientierte Vertriebsvergütung, die ihre Wirkung nicht verfehlen soll, geht von denjenigen Tätigkeiten und Ergebnissen aus, die im Innendienst (bzw. in anderen Bereichen) geleistet werden müssen und formt daraus Vergütungsziele.
2. Bestimmung der KPI pro Mitarbeiterbereich
Eine wirksame Vertriebsvergütung steht und fällt mit der Auswahl der richtigen KPI. Diese zweite Stufe hin zu einer wirkungsvollen Vertriebsvergütung ist von fundamentaler Bedeutung. Die Vertriebsvergütung gilt aktuell als Motor der zielorientierten Führung und Steuerung der Mitarbeitenden. Neben den klassischen KPI wie Umsatz und Deckungsbeitrag werden heute in der variablen Vergütung im Außendienst folgende Aspekte vergütet:
- Ausbau wichtiger Kunden und Marktsegmente
- Neukundengewinnung
- Forcierung strategisch wichtiger Produkte und Kunden
- Umwandlung von Angeboten
- Aktivitäten und Maßnahmen, die vom Mitarbeitenden erwartet werden, um den mittel- und langfristigen Erfolg abzusichern
Im Vertriebsinnendienst kommen z.B. folgende KPI zum Einsatz:
- Schnellere Durchlaufzeiten von Angeboten
- Umwandlung von Angeboten in Aufträge
- Erfassungsleistung (Quantität und Qualität)Qualifizierte Besuchsplanung/Terminvereinbarungen für den Außendienst
- Eigenumsätze
- Etc.
Das moderne Konzept der Führung und Vergütung mit Zielen beschränkt sich aber nicht nur auf klassische zählbare/messbare Kriterien (KPI), sondern fokussiert gleichermaßen die Kompetenzentwicklung des Mitarbeiters. So integriert die moderne Vertriebsvergütung auch weiche Ziele wie:
- Pflege des CRM-Systems, Datenpflege
- Angebotsverfolgung
- Verlässliche Einhaltung von Zusagen gegenüber Kunden und intern
Fachkenntnisse - Etc.
Auf diese Weise gelingt eine differenzierte Steuerung der Mitarbeitenden über die Vertriebsvergütung. Die wesentlichen Interessen des Vertriebs werden in das Vergütungssystem eingebracht und mit spannenden, motivierenden Vergütungstechniken versehen, die die Mehrleistung für die Mitarbeitenden interessant machen.
3. Festlegung der variablen Anteile am Gesamteinkommen
Verhaltensveränderungen der Mitarbeitenden im Vertrieb (in Richtung Engagement und Leistung) sind nur dann zu erreichen, wenn in der Vertriebsvergütung spürbare variable Einkommensanteile entlohnt werden. Je höher der variable Anteil am Gesamteinkommen, desto größer die Notwendigkeit, die eigenen Ziele auch zu erreichen.
Üblich ist heute im Außendienst ein variabler Einkommensanteil von ca. 30%. Höhere variable Anteile sind aus arbeitsrechtlicher Sicht allerdings bedenklich. Niedrigere wirken erfahrungsgemäß nicht besonders motivierend. Im Innendienst liegt der variable Anteil am Gesamteinkommen meist zwischen 10% und 15%.
Steigt ein Unternehmen von einer bestehenden Vertriebsvergütung auf eine neue um, besteht oft die Notwendigkeit, die fixen/variablen Anteile neu zu regeln. Überhöhte variable Anteile sind in der modernen variablen Vertriebsvergütung gar keine Notwendigkeit mehr, da sie extrem spannend vergütet.
4. Wahl der Vergütungstechnik
Herkömmliche variable Vertriebsvergütung per Provision litt stets darunter, dass die Mitarbeitenden mehr variables Einkommen für die Basisleistung, das „Grundrauschen“ erhielten, anstatt die variable Vergütung auf diejenige Leistung zu begrenzen, die im Fokus des aktuellen Jahres steht. Dadurch wurde die herkömmliche Provisionsvergütung „langweilig“ und belohnte die Mehrleistung der Mitarbeitenden zu wenig.
Moderne Vertriebsvergütung findet nur noch im „Dunstkreis“ der guten Leistung statt (= Ziel) und vergütet nicht mehr oder nur in geringem Umfang die Basisleistung der Mitarbeitenden; mit den Mitarbeitenden werden Ziele zu zukünftigen Ergebnissen vereinbart; die variable Vergütung erfolgt nur noch „um das Ziel herum“. Die Vergütung des „Grundrauschens“ entfällt – dafür ist das Fixeinkommen der Mitarbeitenden zuständig.
Eine gute Leitung (im Sinner einer Zielübererfüllung) macht sich für die Mitarbeitenden in modernen Formen der Vertriebsvergütung viel mehr bezahlt als in traditionellen Provisionslösungen: So können die Mitarbeitenden bei einer exzellenten Leistung in einem Jahr bis zu 30% des Gesamteinkommens zusätzlich verdienen – ohne das Einkommen eines Jahres auf Dauer zu „verrenten“: Jährlich werden neue Ziele vereinbart.
5. Auszahlungsmodus bestimmen
In erstaunlich vielen Unternehmen erfolgt die Auszahlung der Vertriebsvergütung erst am Jahresende. Dies degradiert die Rolle der Vertriebsvergütung zum reinen Einkommenselement – mit Führung und Steuerung der Mitarbeitenden hat das wenig zu tun.
Die vornehmste Aufgabe einer modern verstandenen Vertriebsvergütung besteht weniger im monetären Aspekt, sondern vielmehr darin, die Mitarbeitenden in differenzierte Ziele einzubinden und über die unterjährigen Auszahlungen mitzuteilen, wie der Leistungsstand ist, ob sich die aufgelaufene Leistung im Hinblick auf die Jahresziele im Rahmen befindet und welche Wegstrecke noch vor einem liegt.
Die unterjährigen, also monatlichen oder quartalsweisen Zahlungen der Vertriebsvergütung, repräsentieren die bereits erbrachte Leistung im Spiegel der Erreichung der Jahresziele. Dazu ist es nötig, die Jahresziele in der Vertriebsvergütung auf Etappenziele herunterzubrechen, und zwar unter Berücksichtigung saisonaler Schwankungen.
So haben die Mitarbeitenden nicht ein fernes Jahresziel vor Augen, sondern unterjährige und überschaubare Ziele, die es zu erreichen gilt. Sind die Etappenziele erreicht, kann das Jahresziel nicht mehr verfehlt werden.
Fazit
Eine gut gemachte Vertriebsvergütung hat starken Einfluss auf die Vertriebsperformance. Werden die hier dargelegten Stufen zum Aufbau einer effektiven Vertriebsvergütung beachtet, wird sie zu einem ausgezeichneten Motivations- und Steuerungselement
Dr. Finkenrath Dr. Kieser + Partner
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