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ogGPT: Wie die Otto-Group 30.000 Mitarbeiter KI-fit macht

Am 18.10.24 wurde in einem Podcast von Leading Tomorrow mit Florian Leyrer, Tech Lead bei der Otto Group,  die Bedeutung der Einführung von KI-Technologien wie GPT im Unternehmen thematisiert. Leyrer war zusammen mit einem Team von 6 Experten maßgeblich an der Entwicklung von Otto Groups eigenem KI-Assistenten, ogGPT, beteiligt. Der Grundgedanke hinter der Einführung bestand darin, die Produktivität der Mitarbeitenden zu steigern und ihnen den Umgang mit neuen Technologien wie generativer KI nahezubringen.

Gründe für die Entwicklung eines internen eigenen GPT-Systems

Generative KI, insbesondere ChatGPT, wurde weltweit schnell populär. Die Otto Group erkannte das Potenzial dieser Technologie, stand aber vor Datenschutzbedenken, insbesondere gegenüber US-basierten Lösungen. Um die Datenkontrolle zu behalten und Datenschutzstandards in Europa einzuhalten, entschied man sich für die Entwicklung eines eigenen GPT-System, das im Oktober 2023 eingeführt wurde.

Zwei parallele Ansätze: Individuelle Produktivität und Entwicklung von Use cases

Otto verfolgte zwei Ansätze parallel: Zum einen sollte jedem Mitarbeitenden ein KI-Tool zur Verfügung gestellt werden, um die individuelle Produktivität zu steigern. Zum anderen wurden strategisch relevante Anwendungsfälle identifiziert, etwa im Bereich Kundenservice oder Produktentwicklung. Diese Doppelstrategie ermöglichte es den Mitarbeitenden, eigene Wege zu finden, wie KI sie in ihrer täglichen Arbeit unterstützen kann, während das Unternehmen gleichzeitig gezielt Effizienzsteigerungen umsetzte.

Herausforderungen bei der Einführung von KI

Leyrer betonte, dass es entscheidend war, die Mitarbeitenden bei der Einführung zu unterstützen. Es wurden ein Adoption-Team und spezielle Schulungsprogramme eingerichtet, die unter anderem darauf abzielen, den richtigen Umgang mit KI-Tools (z. B. durch „Prompting“-Workshops“) zu vermitteln. Eine interne Community ermöglichte den Erfahrungsaustausch, und durch wiederkehrende Schulungen und eine jährliche interne Konferenz wurde das Thema KI fest im Unternehmen verankert. Die Nutzung wuchs stetig, und Mitarbeitende begannen, eigene Anwendungsfälle zu entwickeln.

Use cases aus der Praxis

Ein Beispiel für die praktische Nutzung von ogGPT ist der sogenannte Brand  Language Converter bei Bonprix, der die Kommunikation mit der firmenspezifischen Sprache verbessert. Weitere Use Cases kamen aus Bereichen wie z.B. Vertragsautomatisierung und Trainings sowie das persönliche Coaching zur Weiterentwicklung. Wichtig dabei war, dass die Vorschläge für Anwendungsfälle zunehmend von den Mitarbeitenden selbst kamen, was zeigte, dass die Technologie gut angenommen wurde.

Ausblick und zukünftige Entwicklungen

Leyrer sieht die Zukunft der KI stark in der Integration in Kernprozesse. Dabei geht es weniger darum, große, allumfassende Lösungen zu schaffen, sondern eher spezialisierte Anwendungen für konkrete Aufgaben zu entwickeln. Die Vision ist, dass KI in den täglichen Arbeitsablauf eingebunden wird, etwa durch die direkte Integration in Systeme wie Content-Management-Systeme.

Bislang hat der ogGPT 13.500 registrierte Nutzende, und monatlich werden von aktuell 7.000 Nutzern etwa 200.000 Nachrichten verarbeitet. Trotz des allgemeinen Hypes um KI, der inzwischen etwas abgeklungen ist, steigen die Nutzungszahlen bei Otto weiterhin. Dies zeigt, dass KI langfristig wertvolle Unterstützung leisten kann. Umfragen zur durch ogGPT erreichten Zeitersparnis reichten bei Standard Usern von 30 – 60 Minuten pro Woche und bei Power Usern 4 Stunden pro Woche.

Fazit

Die Einführung eines KI-Assistenten wie ogGPT bringt langfristige Vorteile, da Unternehmen sich so zukunftssicher aufstellen. Der Aufbau von Kompetenzen in der Nutzung von KI und die zunehmende Integration in Geschäftsprozesse wird Otto Group einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschaffen. Durch kontinuierliche Schulungen und die Offenheit für neue Ideen kann die Nutzung von KI stetig weiter optimiert werden.

KI-Cases sind inzwischen überall in der Otto Group zu finden, von Arbeitstools über Optimierungen im Supply Chain Management bis hin zur Kundenkommunikation. Immer im Mittelpunkt der KI-Cases: Welches Problem wird gelöst und wie verbessert es die Services für die Kund*innen


Ergänzung auf Basis eines Artikel des Handelsblatts vom 8.11.24:

2024, das wir alle oft als das Jahr des Experimentierens bezeichnet haben, ist bald vorbei. Viele Pilotprojekte sind abgeschlossen. Jetzt ist die Frage: Wie geht es weiter?

Die Otto Group hat am 5.11.24 bereits zum dritten Mal eine interne KI-Konferenz veranstaltet. Dort konnten Fach- und Führungskräfte des Handelsunternehmens KI-Anwendungsfälle aus anderen Bereichen und Tochterunternehmen kennenlernen, darüber diskutieren und sie gemeinsam umsetzen.

Eingeladen waren auch einige wenige externe Experten. Larissa Holtzki vom Handelsblatt mit Tchibos Daten- und KI-Chef Omar Hairani, Tech-Analyst Philipp Klöckner und Ottos Digital- und Beratungsleiter  Sebastian Walter diskutierten, wie Unternehmen generative KI „zum Laufen“ bringen.

Wie sollte man bei der Einführung von KI-Projekten nicht vorgehen?

Larissa Holtzki hat die Diskussion dazu wie folgt zusammengefasst:

·        Erwartungsmanagement: Es ist relativ einfach, einen erfolgreichen Pilotversuch zu starten und deutlich komplexer, einen Anwendungsfall unter Realbedingungen im ganzen Unternehmen umzusetzen. Lassen Sie sich nicht von der Begeisterung über erste Erfolge verleiten, und sorgen Sie beim Management für realistische Erwartungen.

·        Fehlertoleranz: Wir neigen dazu, die Leistung von KI-Assistenten mit den fähigsten Menschen oder Mitarbeitern zu vergleichen. Hilfreicher ist die gegensätzliche Perspektive: Machen Sie sich zum Start eines KI-Projektes Gedanken, welche Fehlerrate Sie bereit sind zu akzeptieren, sodass jedes Ergebnis oberhalb dieser Rate ein Erfolg ist.

·        Geschäftsfokus: Solange Ihre KI-Projekte aus einer Technologieperspektive getrieben werden, ist die Umsetzung mühsam. Viel erfolgsversprechender ist es, wenn die Geschäftsleitung den Techies im Unternehmen sagt: Ich will, dass du Geld einsparst, ich will, dass du die Profitabilität steigerst. Finde heraus, wie du das mit KI hinbekommst.