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Vertrauen – die Basis moderner Führungskulturen

Vertrauen

Führungskräfte vieler Unternehmen stehen unter grossem Druck. Fachkräftemangel, Digitalisierung und Disruption von Geschäftsmodellen erfordern effizientes und schnelles Handeln. In diesem Umfeld ist Vertrauen zu einer der wichtigsten sozialen Ressourcen in der Arbeitswelt geworden.

Die organisationspsychologische Forschung zum Thema Vertrauen geht bis in die 1960er Jahre zurück (z.B. Argyris, 1962). Sie belegt, wie wichtig zwischenmenschliches Vertrauen für positive Beziehungen im Arbeitskontext ist. Dank dem praxiserprobten Führungskonzept «Positive Leadership» bekam das Thema «Positive Beziehungen im Arbeitsumfeld» in den letzten Jahren mehr Aufmerksamkeit. Die damit einhergehende Forschung bestätigte «Vertrauen» als einen der relevantesten Faktoren für eine positive Zusammenarbeit (Ebner, 2019).

Der Bedarf an positiven und vertrauensvollen Arbeitsbeziehungen ist rasend gestiegen. Unternehmen bewegen sich in globalisierten und schnellen Märkten. Mit der Corona-Pandemie wurden viele Unternehmen zu flexiblen Arbeitsstrukturen und virtuellen Organisationsformen gezwungen. Was es jetzt braucht, sind Führungskräfte, die eine Vertrauenskultur schaffen. Denn Unternehmen wandeln sich nur, wenn sich Menschen führen lassen, indem sie sich jemanden anvertrauen. Vertrauen ist somit die Basis von Führung (Sprenger, 2007).

Wozu Vertrauen aufbauen

Mitarbeitende in Vertrauenskulturen sind leistungsfähiger, zufriedener und loyaler (Ouslis, 2019). Während Misstrauen lähmt, lässt uns Vertrauen aufblühen. Es reduziert Komplexität, macht uns effektiv und schnell. Mit gegenseitigem Vertrauen sind wir robuster gegen Führungsfehler, gehen leichter mit Veränderungen um und können Krisen erfolgreich bewältigen (Malik, 2019). Darüber hinaus weisen Unternehmen mit hohen Vertrauenswerten bis zu 75% niedrigere Stresswerte und bis zu 40% weniger Burn-out Fälle aus (Zak, 2017).

Weshalb das so ist? Mitarbeitende können nur Höchstleistungen erbringen, wenn sie angstfrei sind. Vertrauen kann Angst entgegenwirken, indem es ein Gefühl psychologischer Sicherheit auslöst (Thiele, 2021). In einem Umfeld, wo sich Menschen sicher, gehört und aufgehoben fühlen, können sie auch ihre Stärken entfalten und über sich hinauswachsen.

Was Vertrauen ist

Vertrauen macht es möglich, dass wir in ungewissen Situationen Neues und Unbekanntes wagen (Thiele, 2021). Vertrauen setzt somit eine Risikosituation voraus (Sprenger, 2007). Dieses Risiko entsteht, wenn wir entweder die andere Person nicht kennen, nicht wissen ob sie die Leistung erbringen will oder kann und die Gegenleistung zeitlich versetzt erfolgt. Entsprechend definiert Spenger (2017) Vertrauen wie folgt: «Ich bin bereit, auf die Kontrolle einer anderen Person zu verzichten, weil ich erwarte, dass die andere Person kompetent, vertrauenswürdig und wohlwollend ist.»

Vertrauen ist eine «Sowohl-als-auch»-Entscheidung

Modernes Vertrauen basiert nach Sprenger (2017) somit auf Menschen, die gewählt haben, miteinander zu arbeiten und einander zu vertrauen. Damit ist Vertrauen eine Entscheidung und widerlegt den Mythos, dass Vertrauen nur langsam wächst und sich erst verdient werden muss. «Wenn Sie Ihr Unternehmen schneller machen wollen, dann geht das nur durch Vertrauen!» (Sprenger, 2007, S. 36). Nur so kann schnell auf veränderte Umweltbedingungen, Kundenwünsche und Marktveränderungen reagiert werden. Hingegen bringen zeitintensive Kontrollprozesse, wachsende Reportingpflichten, permanentes CC-Gemaile und verengte Handlungsspielräume Unternehmen bis hin zum Stillstand (Thiele, 2021).

Ob wir vertrauen oder misstrauen darf keine «Entweder-Oder»-Entscheidung sein. Denn Vertrauen heisst nicht, auf völlige Kontrolle zu verzichten. Moderne Führungskulturen sind gewillt, Vertrauen als eine «Sowohl-als-auch»-Entscheidung zu praktizieren. Dabei geht es um das richtige Mischungsverhältnis zwischen Vertrauen und Misstrauen als auch zwischen Kontrolle und Kontrollverzicht (Sprenger, 2007). «Man soll vertrauen, soweit man nur kann, wenn möglich sogar über die Grenze hinaus, die einem gefühlsmässig leicht fällt; aber man muss auch sicherstellen, dass man entdeckt, ob und wann das Vertrauen missbraucht wird.» (Malik, 2017).

Wie Vertrauen praktiziert werden kann

Vertrauen entsteht nicht, indem wir darüber reden oder es gar einfordern. Als Führungskraft können Sie jedoch vieles tun, um eine Vertrauenskultur zu schaffen. Denn es liegt in Ihrer Verantwortung den Vertrauensprozess zu starten. Warten Sie nicht darauf, dass es jemand anderes tut.

  1. Vertrauen Sie in Vertrauen

Eine Vertrauenskultur setzt die innere Überzeugung voraus, darauf zu vertrauen, dass andere vertrauen. In der Realität unterlaufen Menschen hier jedoch einer Wahrnehmungsverzerrung, indem die eigene Vertrauenswürdigkeit überschätzt und die der anderen unterschätzt wird. Oftmals reicht eine Enttäuschung aus, das Vertrauen langfristig in andere zu verlieren. Damit erstarren wir in einer halbierten Vertrauenswelt (Sprenger, 2007). Bewusst die innere Haltung anzunehmen «Ich vertraue, dass andere vertrauen» ist somit von grösster Wichtigkeit.

Unterscheiden Sie dazu klar zwischen Vertrauen und Zutrauen. Wenn Sie als Führungskraft einem Mitarbeitenden eine Aufgabe nicht zutrauen, so heisst dies nicht, dass Sie diesem Mitarbeitenden nicht vertrauen (Malik, 2019). Zutrauen ist auf die aktuell vorhandenen fachlichen Fertigkeiten einer Person bezogen. Im Gegensatz dazu, hat Vertrauen mit der persönlichen Integrität und Verlässlichkeit zu tun. Vertrauen ist also unabhängig davon, wie hoch das Zutrauen in einen Mitarbeitenden ist. Achten Sie diesbezüglich auch auf eine Kommunikation, die klar zwischen der Sach- und Personenebene unterscheidet. Tadeln Sie den Fehler in der Aufgabe und niemals die Person selbst. Wenn Sie der Person nicht vertrauen, müssen Sie sich von ihr trennen ohne sie persönlich zu kritisieren.

  1. Machen Sie sich verwundbar

Verwundbarkeit und Vertrauen gehen Hand in Hand. Je grösser das Vertrauen, desto grösser die Verwundbarkeit. Darauf basiert der ganze Vertrauensprozess. Wenn wir jemanden unser Vertrauen schenken, löst dies beim Gegenüber einen inneren Druck aus, eine Gegenleistung erbringen zu müssen, um das Gleichgewicht in der Beziehung wiederherzustellen. «Wenn Sie Vertrauen geben, flutet es zurück.» (Sprenger, 2007). Das geschieht in der Regel auf Knopfdruck. Denn Vertrauen wirkt verpflichtend. Wenn Sie als Führungskraft den Vertrauensprozess starten wollen, müssen sich somit in einem ersten Schritt verwundbar machen.

Dazu braucht es Mut, den wir nur aufbringen, wenn wir uns innerlich sicher fühlen (Spenger, 2007). Diese innere Gelassenheit gewinnen wir aus der Überzeugung heraus, dass wir mit dem Risiko der Verwundbarkeit leben können, wenn es eingetreten ist. Wir vertrauen auf unser Urteil und sind davon überzeugt, den Herausforderungen im Leben gewachsen zu sein. Daraus entsteht die innere Einstellung: «Ich vertraue, und manchmal werde ich enttäuscht, aber das nehme ich in Kauf» (Sprenger, 2007).

  1. Handeln Sie echt und authentisch

Die Basis von Vertrauen ist Vorhersehbarkeit und Verlässlichkeit (Malik, 1994). Mitarbeitende wollen wissen, woran sie bei ihren Vorgesetzten sind. Halten Sie sich dafür an den folgenden Grundsatz: «Meinen, was man sagt – und auch so handeln.» (Malik, 2020). Wenn Sie sich geirrt oder einen Fehler gemacht haben, kommunizieren Sie dies offen und ehrlich. Wenn Sie etwas noch nicht kommunizieren können, gehen Sie möglichst transparent mit der intransparenten Situation um.

«Meinen, was man sagt», bedeutet jedoch nicht, dass alles gesagt werden soll, was man meint (Malik, 1994). Es gibt Dinge über die Führungskräfte nicht sprechen wollen oder können. Jedoch müssen Dinge, die gesagt werden, auch so gemeint sein. Verbindlichkeit und Zuverlässigkeit ist für die meisten Menschen ein sehr wichtiger Vertrauensfaktor. Wenn Versprechungen, Vorgaben und Abgabetermine nicht eingehalten werden können, so teilen Sie dies unverzüglich mit. Und verbannen Sie Ironie und Sarkasmus aus ihrer Kommunikation, da sie zu Missverständnissen und Vertrauensverlust führen können (Thiele, 2021).

10 weitere Praxistipps, um Vertrauen zu schaffen

  • Zeigen Sie Interesse und hören Sie aufmerksam zu – nachfragen, zuhören und eigene Sorgen preisgeben, schafft persönliche Nähe und fördert das Vertrauen.
  • Geben Sie Ihren Mitarbeitenden Handlungsspielraum – damit fördern Sie die Selbstkontrolle der Mitarbeitenden und schenken Ihnen Vertrauen.
  • Leben Sie Ihre Werte aktiv vor und leiten Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitenden brennende Ziele daraus ab.
  • Feiern Sie Erfolge – machen Sie Erreichtes sichtbar, geben Sie Lob und Anerkennung.
  • Kommunizieren Sie auf Augenhöhe – sachbezogen, mit klaren Zielen in der Kommunikation und indem Sie Ihr Gegenüber nie ins Unrecht setzen.
  • Schaffen Sie Gemeinsamkeiten – gemeinsame Rituale und Anlässe schaffen Nähe und Vertrauen.
  • Bitten Sie um Hilfe – wer zu seinen Schwächen steht und um Hilfe bittet, macht sich vertrauenswürdiger.
  • Entschuldigen Sie sich – übernehmen Sie auch die negativen Konsequenzen Ihres Handelns.
  • Bieten Sie Ihr Vertrauen nach einem Vertrauensbruch noch einmal an – nach einer angemessenen Zeit im Sinne einer Chance zur «Wiedergutmachung».
  • Trennen Sie sich von Intriganten – arbeiten Sie nur mit Menschen zusammen, denen sie vertrauen.

Vertrauen ist in der heutigen Führungspraxis unverzichtbar! Führungskräfte dürfen das Vertrauen ihrer Mitarbeitenden nicht erwarten. Bieten Sie Vertrauen aus eigener Initiative an – dann kommt es zurück. Denn die einzige Möglichkeit, eine Vertrauenskultur zu schaffen, ist zu vertrauen.

 

Kathatina ChicherioKatharina Chicherio ist Geschäftsführerin der Celo Institut GmbH. Mit Leidenschaft für Menschen und Expertise in Betriebswirtschaft (MSc), Coaching (Dipl.) und Psychologie (BSc) coacht sie Unternehmer und Führungskräfte, leitet Workshops und gibt Impulsreferate-

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