Das Anzapfverbot und der Einstandspreis

by in Finanzen, Vertrieb

Der Gesetzgeber hat im Juni nun endlich die 9. GWB Novelle veröffentlicht und dabei 2 Themen, die vor allem auch die Hersteller-Händler-Beziehung des Lebensmittelhandel betreffen, geändert:

  1. Die Verschärfung des „Anzapfverbotes“
  2. Neuregelungen des Verbotes des Verkaufs unter Einstandspreis

Die Verschärfung des „Anzapfverbotes“ war notwendig geworden, nachdem das Kartellamt vor dem OLG Düsseldorf in Sachen Edeka/Tengelmann völlig gescheitert war.  Die Verschärfung fand ihren Niederschlag in den beiden §§ 18, 19 Abs. 2 Nr. 5 GWB und § 20 Abs. 2 GWB.

Darin heißt es: Ein marktbeherrschendes Unternehmen handelt dann missbräuchlich, wenn es

„andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht“.

Was heißt das jetzt?

Nun, die Frage ist wohl was ist ein „sachlich gerechtfertigter Grund“ und wie wird der zukünftig durch das Kartellamt bewiesen? Wir denken, dass hiermit eigentlich nur gesetzgeberische  „Placebos“ gereicht werden. Es wird sich kein Beweis finden lassen, der gerichtsfest ist, diesen sachlichen Grund auch inhaltlich konkret nachzuvollziehen. Schon im Urteil des OLG Düsseldorfs war das der Knackpunkt. Im übrigen bleibt sicher abzuwarten, wie der BGH abschließend im Fall Edeka/Tengelmann entscheiden wird. Aber…die Hoffnung stirbt zuletzt.

Interessanter ist da schon die Neuregelung des Verbotes des Verkaufs unter Einstandspreis

Neuregelung des Verbots des Verkaufs unter Einstandspreis

Was für eine Formulierung! Im Grunde geht es in der 9. Novelle darum, dass dem Handel das freie Ermessen wie er seinen Einstandspreis kalkuliert, entzogen wurde. Sagen jedenfalls die Juristen. Preisnachlässe sollen grundsätzlich gleichmäßig verteilt werden. Praktisch wird dies wohl alle pauschal gezahlten WKZ- und VKF-Budgets betreffen, die nicht konkret einer bestimmten Gegenleistung bzw. Artikel/Artikelgruppe zugeordnet sind. Damit würden die Hersteller die Steuerung ihrer pauschal bewährten Vermarktungsbudgets wieder deutlich zurückgewinnen. Aber nichts ist ohne Hintertür, die der Gesetzgeber lässt. Denn, dies gilt nur, sofern der Händler und der Hersteller nichts anderes vereinbart haben. Deshalb arbeiten Handelsunternehmen wahrscheinlich an neuen Konditionssystemen (s. LZ vom 1. September 2017) – oder sollte man besser sagen Konditionsforderungen – die dieser Novelle Rechnung trägt und sei es die, das die neuen Vorschriften unterlaufen werden durch einzelvertraglich mit den Herstellern ausgehandelten Bedingungen, um die Flexibilität im Handel wieder zurückzugewinnen.

Allerdings wird es spannend zu sehen, wie das gelingen soll. Nach Meinung von Juristen sind Vereinbarungen, nach dem es nur in der Hand der Händler liegt, welche konkreten Gegenleistungen er im Rahmen eines pauschalen Vermarktungsbudgets erbringt, schlicht unwirksam.

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